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Zwangsvorstellungen

Ich leide zunehmend unter Hirngespinsten. Heute zum Beispiel im Bad.

Da ich sehr hautempfindlich bin, kann ich mich nicht mit Seife waschen, ohne gleich einen juckenden Ausschlag zu bekommen. Andererseits bin ich sehr penibel. Um meine hygienischen Bedürfnisse möglichst zufriedenzustellen, ziehe ich mich komplett aus und steige in die Badewanne. Ich knie mich in Jogastellung auf den Boden und drehe die Wasserhähne auf.

Nachdem ich die Temperatur reguliert habe, halte ich meinen Kopf unter das fließende Wasser, spüle mein dünnes Haar aus und massiere mir die Kopfhaut. Dann schwappe ich mir Wasser ins Gesicht, in die Achselhöhlen und über die Brust. Anschließend rutsche ich auf Knien dicht vor den laufenden Kran, um mein Geschlecht zu reinigen und die Staubfluse aus dem haarüberwucherten Nabelloch zu entfernen.

Ich rutsche wieder zurück, halte mich an Kachelwand und Wannenrand fest, hebe ein Bein an, strecke es nach vorn, halte den Fuß unter das fließende Wasser und reibe mit einer Hand den Schmutz zwischen den Zehen heraus. Nachdem ich es auch beim anderen Fuß gemacht habe, gehe ich zurück in die Hocke und drehe mich vorsichtig, um nicht auszurutschen, mit dem Rücken zum laufenden Wasser. Ich rutsche rückwärts und beuge mich nach vorn, wobei ich mich mit einer Hand abstütze, spreize mit der anderen die Backen meines hochgereckten Gesäßes und säubere es. Das mache ich jeden Tag so, fast unbewußt, während ich anderen Gedanken nachhänge.

Doch heute ist meine Arschritze besonders verdreckt, weil ich Durchfall gehabt habe. Also wasche ich mich dort ausgiebiger als sonst und achte darauf, daß nichts zurückbleibt.

Plötzlich der Schock. Erst glaube ich, etwas habe mich gebissen. Mir kommt die Vorstellung, der Wasserstrahl habe sich in eine silberne Schlange verwandelt, die zuschlägt und sich in mir verbeißt. Es ist wie die Okkupation einer feindlichen Macht, die mich brutal entert, indem sie meine arglos hingehaltene Öffnung so schmerzhaft überfällt, daß ich schreiend nach vorn fahre und gegen die Wannenfront schlage.

Es blitzt und donnert in meinem Kopf, und ich werde kurz ohnmächtig. Dann stemme ich mich benommen auf und sehe Blut von meinem Gesicht tropfen: Signalrot auf Emailweiß, und ich strampele hysterisch um mich, rutsche wieder aus.

Da liege ich, besudelt vom eigenen Blut, Urin und Dünnschiß: ein glitschiges Schwein, das nach dem Gurgelschnitt noch lebt und sich quiekend verzappelt. Doch die Kehle hat keinen Schnitt, wie ich zittrig tastend feststelle. Trotzdem bleibt das Gefühl, die Silberschlange habe immer noch ihre Fangzähne in meinen Anus geschlagen und versuche in mich einzudringen, während ich ihr, bildlich gesprochen, mit dem Rest meiner rausgepreßten Scheiße den Eingang verwehre.

Braun, rot und panisch stehe ich, ein einziger Muskelkrampf, jetzt aufrecht in der Wanne. Ich pisse den Morgenkaffee in einem strammem Strahl heraus und stoße spitze Schreie aus: Fanfarenstöße des Grauens bei aufgerissenem Mund und zusammengepreßter Kehlritze.

Der feindliche Ansturm legt sich, und ich mache mir folgenden Reim auf den Zwischenfall: verschuldet durch das überalterte Leitungssystem des Hauses, hat mal wieder beim laufenden Wasser ein plötzlicher Temperaturwechsel stattgefunden, diesmal nicht wie gewöhnlich von heiß auf kalt, sondern umgekehrt, und ich habe mich dabei verbrüht.

Ich halte mir einen Handspiegel zwischen die gespreizten Schenkel, ziehe eine Gesäßhälfte hoch und sehe die brandrote Stelle. Ich tue ordentlich Creme darauf und beobachte, ob es schlimmer wird. Aber nach einiger Zeit klingt der Schmerz ab, und es kitzelt nur noch unangenehm, als versuche die Schlange diesmal schmeichelnd, immer noch in mich einzudringen.

Diese Vorstellung verbiete ich mir. Aber sie wird so mächtig, daß ich mir selber eins überziehe, und unwillkürlich presche ich los: ein durchgehendes Pferd, das ich nur knapp vor der Wand stoppen kann – brr!

Solche Zwangsvorstellungen machen mir langsam angst.


http://de.youtube.com/watch?v=Gf_As6GjrnU


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